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Stadt der Bildung

Rechenmeister und Professoren

Vom „Elementarunterricht“ zur Universität

Schon im 17. Jahrhundert hatte Nürnberg ein breit gefächertes Schulsystem mit Lateinschulen und einer „Oberen Schule“ bei St. Egidien mit einem christlich-humanistischen Lehrplan. Dort wirkte der Vater von Johann Andreas Graff bis zu seinem Tod 1644 als Lehrer und Rektor. Zu seinen Lebzeiten wurde diesem Gymnasium 1642, schon vor Ende des Dreißigjährigen Kriegs, ein Vortragssaal für Erwachsene angegliedert, der den Bürgern als „Fortbildungseinrichtung“ offenstand.

Für die Söhne von Kaufleuten und Handwerkern gab es private Schulen mit Lehr- und Rechenmeistern mit deutschem Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen. Der Alphabetisierungsgrad in Nürnberg war hoch, sogar für Mädchen durch eigene Schreib- und Rechenmeisterinnen. Manche Frauen konnten in jenen Jahrhunderten vor der industriellen Revolution, als sich Wohnung und Arbeitsstätte noch in demselben Anwesen befanden, sogar besser lesen und schreiben als ihre Ehemänner. Denn sie waren nicht nur wichtige Gehilfinnen in der Werkstatt oder im Kontor, sondern sogar stellvertretenden Leiterinnen, insbesondere wenn ihre Ehemänner auf Geschäftsreisen unterwegs waren.

Innenhof der ehemaligen Nürnberger Universität Altdorf, Kollegiengebäude von 1571-83 (1)

Einen Teil seiner wichtigen Bildungseinrichtungen hatte Nürnberg in ein befestigtes Landstädtchen auf eigenem Territorium ausgelagert: In Altdorf war schon 1623 eine Universität mit Promotionsrecht an der juristischen und medizinischen Fakultät eröffnet worden; der Bruder von Johann Andreas Graff hat dort studiert. Im 17. Jahrhundert erlebte die Universität eine Blütezeit mit berühmten akademischen Lehrern in Philosophie und in den Naturwissenschaften.

Das Interesse an Bildung war allgemein groß, wie ein anderes Beispiel zeigt: Einer der besten Kupferstecher seiner Zeit, Georg Christoph von Eimmart, verheiratet mit einer Schwester von Jakob Sandrart, errichtete auf der Vestnertorbastei der Kaiserburg (1678) die erste öffentliche Sternwarte (2) als eigene Initiative – kein Projekt des Rates – und trotzdem öffentlich und eintrittsfrei! Auch die Graffs werden zu den neugierigen Besuchern gehört haben, denn diese Attraktion war nur 300 Meter von ihrem Wohnhaus und einen Katzensprung von ihrem Garten entfernt. Dort haben sie bestimmt auch Maria Clara Eimmart (1676-1707) getroffen, die zur wichtigsten Mitarbeiterin ihres Vaters heranwuchs und deren Verdienste als Astrologin heute noch von Fachleuten gerühmt werden.

Diese Beispiele zeigen deutlich, dass Bildung in der Reichsstadt Nürnberg und ihrem eigenen Territorium im Umland an vielen Stellen vermittelt wurde. Denn auch wissenschaftliche Einrichtungen, wie ein Observatorium auf einer Bastion der Kaiserburg und eine riesige Bibliothek des Rates, waren für die Öffentlichkeit zugänglich.

Sternwarte von Georg Christoph Eimmart auf der Vestnertorbastei der Kaiserburg in Nürnberg (3)

  1. Foto: https://de.wikipedia.org/wiki/Universit%C3%A4t_Altdorf#/media/Datei:Altdorf_Uni.jpg
  2. Stadtlexikon Nürnberg (Lex 2000), Stichwort Eimmart, G. C. d. J., S. 238
  3. Kupferstich von Johann Adam Delsenbach, Das Nürnberger Observatorium Astronomicum, 1716 (Ausschnitt), mit freundlicher Genehmigung StadtAN Inv. Nr. A 7/II Nr. 8
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